BGH, Urteil v. 20.10.2021 – IV ZR 236/20 und LG Frankfurt a. M., Urteil v. 20.05.2021 – 2-13 S 149/19

Das sog. Fugen-Urteil des BGH kennen wahrscheinlich einige, dennoch wollen wir es vorab noch einmal zusammenfassen:

In einem Wohngebäude entsteht ein Wasserschaden, weil Wasser durch eine undichte Silikonfuge im Bereich der Dusche austritt. Der Kläger verlangt Ersatz des entstandenen Schadens von der Wohngebäudeversicherung. In den Allgemeinen Wohngebäude-Versicherungsbedingungen der Beklagten heißt es:

Ҥ 3 Leitungswasser

  1. Bruchschäden innerhalb von Gebäuden
    Der Versicherer leistet Entschädigung für innerhalb von Gebäuden eintretende …

    a) …
    b) frostbedingte Bruchschäden an nachfolgend genannten Installationen:
    aa) Badeeinrichtungen, Waschbecken, Spülklosetts, Armaturen …
  2. Bruchschäden außerhalb von Gebäuden
  3. Nässeschäden
    Der Versicherer leistet Entschädigung für versicherte Sachen, die durch bestimmungswidrig austretendes Leitungswasser zerstört oder beschädigt werden oder abhanden kommen. Das Leitungswasser muss aus Rohren der Wasserversorgung (Zu- und Ableitungen) oder damit verbundenen Schläuchen, den mit diesem Rohrsystem verbundenen sonstigen Einrichtungen oder deren wasserführenden Teilen, aus Einrichtungen der Warmwasser- oder Dampfheizung, aus Klima-, Wärmepumpen oder Solarheizungsanlagen, aus Wasserlösch- und Berieselungsanlagen sowie aus Wasserbetten und Aquarien ausgetreten sein. …”

Es kam bei der Entscheidung somit darauf an, ob es sich um ein versichertes Ereignis in diesem Sinne handelte. Das Gericht hatte folglich die Versicherungsbedingungen auszulegen. Der BGH entschied, dass ein „durchschnittlicher, um Verständnis bemühter Versicherungsnehmer bei verständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und unter Berücksichtigung des erkennbaren Sinnzusammenhangs“ die Bedingungen so versteht, dass das Ereignis nicht versichert sei. Es handele sich nicht um einen Bruchschaden, sodass nur die Einordnung als Nässeschaden in Frage käme. Der BGH gelangte weiterhin zu der Erkenntnis, dass ein Versicherungsnehmer das durch die undichte Silikonfuge austretende Leistungswasser auch nicht als versichertes Ereignis im Sinne von § 3 Nr. 3 einordnen würde. Satz 2 konkretisiere das „bestimmungswidrige austretende Leistungswasser“ dahingehend, dass es aus einer in irgendeiner Art und Weise mit dem Rohrsystem in Verbindung stehenden Vorrichtung austreten muss. Die Silikonfuge, die die Duschwanne mit der (gefliesten) Wand verbinde, würde jedoch keine Verbindung zum Rohrsystem aufweisen. Andernfalls wäre jedwedes durch undichte Fugen austretende Leistungswasser von der Klausel umfasst, wenn die Dusche nicht über eine Duschwanne verfügen würde, sondern komplett bodentief gefliest sei. Dies widerspräche jedoch dem Gesamtzusammenhang.

Die Versicherung hatte somit nach Urteil des BGH nicht für den Schaden einzustehen; die Klage blieb erfolglos.

Das LG Frankfurt hatte sich einige Monate zuvor zwar nicht mit Versicherungsbedingungen und der Leistungspflicht der Versicherung zu beschäftigen, auch hier ging es jedoch um einen Wasserschaden und eine Versicherung:

Die Versicherung leistete der Wohnungseigentümergemeinschaft für einen nicht näher beschriebenen Leitungswasserschaden eine Entschädigung in Höhe von 13.950 €. Der Betrag entfiel zu 11.750 € auf Schäden im Bereich des Sondereigentums des klagenden Eigentümers und zu 2.250 € auf Schäden am Gemeinschaftseigentum. Der klagende Eigentümer verlangt von der beklagten Gemeinschaft Zahlung der 11.750 €. Die beklagte Gemeinschaft wendet ein, dass die Selbstbeteiligung in Höhe von 1.000 € nach dem Verhältnis der entstandenen Schäden zwischen dem Eigentümer und der Gemeinschaft aufzuteilen sei, dem Kläger somit nur ein Betrag in Höhe von ca. 10.900 € (11.750 € abzgl. anteiliger Selbstbeteiligung in Höhe von ca. 850 €) zustehe.

Dieser Ansicht folgte das LG als Berufungsgericht nicht und sprach dem Kläger den vollen Betrag zu. Das LG Frankfurt a. M. nimmt dabei Bezug auf ein Urteil des LG Karlsruhe ZWE 2019, 324: „Es überzeugt, dass der Selbstbehalt als Bestandteil der Prämie anzusehen ist, weil deren Höhe auch von der Vereinbarung eines Selbstbehalts abhängig ist. Da sämtliche Wohnungseigentümer von einer niedrigeren Prämie infolge eines Selbstbehalts profitieren, ergibt sich aus der zwischen der Gemeinschaft und den Wohnungseigentümern bestehenden Treuepflicht (vgl. Suilmann in Bärmann, WEG, 14. Aufl., § 10 Rn. 46) auch die Pflicht der Gemeinschaft, im Schadensfall den Selbstbehalt nicht dem einzelnen zufällig Geschädigten aufzubürden, sondern diesen zunächst als Verband zu übernehmen und anschließend im Rahmen der Jahresabrechnung auf alle Wohnungseigentümer nach den entsprechenden Kostenanteilen (in der Regel nach Miteigentumsanteilen, § 16 Abs. 2 und Abs. 1 Satz 2 WEG) umzulegen. Auf ein Fehlverhalten der Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung über den Versicherungsvertrag kommt es – entgegen der zuerst genannten Ansicht (unter 1) – nicht an, da der Ausgleichsanspruch nicht auf einen verschuldensabhängigen Ersatzanspruch gestützt wird.“ (LG Karlsruhe, ZWE 2019, 324 Rn. 35-37).“

Zusammenfassung:

Bei der Frage, ob die Wohngebäudeversicherung für einen Leitungswasserschaden einzustehen hat, kommt es immer auf die konkreten Schadensumstände und Vertragsbedingungen an. Einige Versicherungen haben nach dem Urteil des BGH ihre Bedingungen angepasst, sodass auch die Konstellation, die dem Fall des BGH zu Grunde lag, als versichertes Ereignis angesehen wird. Andere Versicherungen leisten aus Kulanz Ersatz, wobei hierauf natürlich kein Anspruch besteht. Wiederum andere Versicherungen haben angekündigt, in solchen Fällen nicht zu leisten. Es kann sich also durchaus lohnen, bei der Versicherung nachzufragen und ggf. einen Versicherungswechsel in Erwägung zu ziehen.

In Anlehnung an das LG Frankfurt a. M. ist für den Fall, dass die Versicherung leistet, keine quotale Aufteilung des Selbstbehalts vorzunehmen. Dieser ist vielmehr in die Jahresabrechnung einzustellen.

AG München, Urteil vom 26.03.2021 – 414 C 22283/20

Zum Sachverhalt:

Die Klägerin war Mieterin einer Eigentumswohnung und verlangt vom Vermieter Rückzahlung der restlichen Mietsicherheit. Der Vermieter ist der Ansicht, dass er hierzu nicht verpflichtet sei, da das Umzugsunternehmen, welches von der Klägerin beauftragt wurde, beim Umzug das Treppenhaus beschädigt hat. Er erklärt die Aufrechnung.

Zur Entscheidung:

Der Beklagte hat die Mietsicherheit an die Klägerin zurückzuzahlen.

Beim Treppenhaus handelt es sich um gemeinschaftliches Eigentum gem. § 5 Abs. 2 WEG. Gem. § 18 Abs. 1 WEG obliegt die Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, welche gem. § 9a Abs. 1 WEG eine eigene Rechtspersönlichkeit besitzt und gem. § 9a Abs 2 WEG die sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebenden Rechte ausübt. Hierzu gehört auch die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen wegen Beschädigung des gemeinschaftlichen Eigentums. Dem Beklagten stand somit kein Schadensersatzanspruch aus der Beschädigung des gemeinschaftlichen Eigentums zu, wodurch die erklärte Aufrechnung ins Leere ging.

Fazit:

Die zunächst für Vermieter und Wohnungseigentümergemeinschaften nachteilig erscheinende Entscheidung birgt bei genauerer Betrachtung auch Vorteile. Zwar kann der vermietende Eigentümer Schäden am Gemeinschaftseigentum nicht von der Mietsicherheit begleichen, allerdings ist dies dadurch gerechtfertigt, dass der Schaden ihn auch nur anteilig, nämlich in Höhe seines Miteigentumsanteils betrifft. Auch die Gemeinschaft kann nicht auf die Mietsicherheit zugreifen, allerdings handelt es sich bei dem Anspruch der Gemeinschaft gegen den Mieter nicht um einen Anspruch aus Mietvertrag, da zwischen der Gemeinschaft und dem Mieter kein Mietvertrag besteht. Vorteil dabei ist, dass § 548 Abs. 1 S. 1 BGB keine Anwendung findet (BGH NJW 2011, 2717). Ansprüche der Gemeinschaft gegen den Mieter bei Beschädigung des gemeinschaftlichen Eigentums verjähren also nicht wie Ansprüche aus Mietvertrag in sechs Monaten, sondern in der Regelverjährung. Sollte die Gemeinschaftsordnung vorsehen, dass der vermietende Eigentümer für Schäden am Gemeinschaftseigentum, die durch seinen Mieter verursacht wurden, einzustehen hat, dürfte einer sofortigen Inanspruchnahme des Eigentümers durch die Gemeinschaft das Gebot zur gegenseitigen Rücksichtnahme entgegenstehen.

LG Berlin, Beschluss vom 24.02.2022 – 65 S 202/21

Zum Sachverhalt:

Die Beklagte zu 1) hat für ihren Bruder eine Wohnung angemietet, dem Vermieter diesen Umstand jedoch verschwiegen. Als der Vermieter erfuhr, dass nicht die Beklagte zu 1), also die Mieterin, sondern der Beklagte zu 2), ihr Bruder, die Wohnung ausschließlich bewohnte, kündigte er das Mietverhältnis gem. §§ 573 Abs. 1, 2 Nr. 1, 543 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 Alt. 2 BGB wegen unbefugter Gebrauchsüberlassung an Dritte.

Die Beklagten wenden ein, dass die Kündigung unwirksam sei, da gem. § 553 Abs. 1 S. 1 BGB ein Anspruch auf die Zustimmung zur Überlassung bestände.

Zur Entscheidung:

Dieser Argumentation ist das LG mit folgenden Erwägungen nicht gefolgt.

Die Gebrauchsüberlassung erfasst nicht nur eine Weiter- oder Untervermietung, sondern jede Überlassung. Es ist unerheblich, ob der vollständige Besitz gewährt oder lediglich eine Mitbenutzung eingeräumt wird.

Eine Gebrauchsüberlassung an Dritte bedarf in jedem Fall der Erlaubnis des Vermieters, § 540 Abs. 1 S. 1 BGB.

Ein Anspruch aus § 553 Abs. 1 S. 1 BGB auf Zustimmung zur Gebrauchsüberlassung von Wohnraum besteht nur

  1. wenn lediglich ein Teil des Wohnraums überlassen wird,
  2. das berechtigte Interesse des Mieters an der Überlassung erst nach Abschluss des Mietvertrags entsteht und
  3. kein Ausschluss gem. § 553 Abs. 1 S. 2 BGB vorliegt.

In dem zugrunde liegenden Sachverhalt scheitert ein Anspruch bereits daran, dass die ganze Wohnung überlassen wurde und dass die Anmietung bereits aus dem Zweck der Überlassung erfolgte, das Interesse also nicht erst nach Vertragsschluss entstand.

Es handelt sich auch noch um eine teilweise Überlassung des Wohnraums, wenn der Großteil einem Dritten überlassen wird und der Mieter bspw. lediglich ein Zimmer weiterhin nutzt, um dort sein Mobiliar einzulagern. Dies setzt eine zeitliche Begrenzung der Überlassung und eine Rückkehrabsicht des Mieters in die Mietwohnung voraus (vgl. BGH v. 11.06.2014 – VIII ZR 349/13). Typische Fälle hierfür sind Auslandssemester oder ein vorübergehender beruflich bedingter Aufenthalt an einem anderen Ort.

Weiterhin stellt das Gericht darauf ab, dass die Mieterin mit ihrem Mann und ihren Kindern eine Wohnung in der gleichen Stadt bewohnt und aufgrund des angespannten Wohnungsmarktes daher kein berechtigtes Interesse bestünde, einen zweiten Wohnsitz in der gleichen Stadt innezuhaben. Ob diese Erwägung durchgreifend ist, ist jedoch zweifelhaft. Zwar wird eine zweite Wohnung in der gleichen Stadt wohl bei Frage nach dem berechtigten Interesse Berücksichtigung finden müssen. Ob ein angespannter Wohnungsmarkt vorliegt, dürfte jedoch unerheblich sein. Bereits für den Fall einer Eigenbedarfskündigung hat der BGH entschieden, dass der Wohnbedarf eines Eigentümers grundsätzlich nicht von den Gerichten zu beurteilen sei (BGH v. 04.03.2015 – VIII ZR 166/14). Auf das Interesse des Mieters an der Gebrauchsüberlassung dürfte ein angespannter Wohnungsmarkt ebenfalls keine Auswirkungen haben.

BGH, Urteil v. 25.02.2022 – V ZR 65/21

Zum Sachverhalt:

Die Kläger sind Eigentümer einer Wohnung in einer Mehrhausanlage. Die Verwalterin hat die Jahresabrechnungen getrennt nach Häuserkomplexen vorgenommen. Mit Urteil vom 31. Juli 2019 stellte das AG die Nichtigkeit des Beschlusses über die Abrechnung fest, da keine Untergemeinschaften gebildet worden waren. Auf der Versammlung aller Wohnungseigentümer vom 28.11.2019 beschlossen die Wohnungseigentümer, dass in den Abrechnungen für die Jahre 2016 bis 2018 die Kostenzuordnung “wie bisher” erfolgen und eine neue Gesamtabrechnung in Form einer Einnahmen-/Ausgabenrechnung erstellt werden solle. Der unter TOP 6.4 gestellte Antrag, die sofortige Abberufung der Verwalterin und die Kündigung des Verwaltervertrags aus wichtigen Gründen zum 31. Dezember 2019 zu beschließen, wurde abgelehnt.

Die Kläger fechten mit ihrer am 23. Dezember 2019 beim Gericht eingegangen Klage den Beschluss zu TOP 6.4 an und beantragen zudem, den abgelehnten Beschluss durch eine in das Ermessen des Gerichts zu stellende Entscheidung dahingehend zu ersetzen, dass die Abberufung des Verwalters und die Kündigung des Verwaltervertrags erfolge. Die Klage richtete sich gegen die übrigen Wohnungseigentümer. Die Klage war in den beiden Vorinstanzen erfolglos.

Das Berufungsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen darauf gestützt, dass ein Abberufungsanspruch nur in Betracht käme, wenn für die Abberufung ein wichtiger Grund gem. § 26 Abs. 1 S. 3 u. 4 WEG aF vorliege und der Anspruchsteller die Abberufung innerhalb einer angemessenen Frist nach Kenntniserlangung von den für die Abberufung und Kündigung maßgebenden Tatsachen verlangt habe. Darüber hinaus müssten die Wohnungseigentümer bei der Beschlussfassung über die Abberufung ihren Beurteilungsspielraum überschritten haben. Die gerügten Verhalten der Verwalterin aus den Jahren 2012 und 2018 könnten nicht mehr bei der Entscheidung berücksichtigt werden.

Zur Entscheidung:

Der BGH hat die vorigen Entscheidungen aufgehoben und die Sache mangels ausreichender Sachverhaltsaufklärung zurückverwiesen. Die Verneinung des Abberufungsanspruchs, die Abweisung der Anfechtungsanklage sowie die Abweisung der Klage auf Beschlussersetzung sei rechtsfehlerhaft.

Zunächst äußerte sich der BGH jedoch ausführlich zur Frage, ob die übrigen Wohnungseigentümer die richtigen Beklagten seien, wie folgt:

Für bis zum 30.11.2020 anhängig gewordene Beschlussersetzungsklagen gilt in analoger Anwendung des § 48 Abs. 5 WEG weiter das bisherige Verfahrensrecht; insbesondere bleiben die übrigen Wohnungseigentümer die richtigen Klagegegner.

Inhaltlich entschied der BGH Folgendes:

Bei der Frage, ob ein Abberufungsanspruch der Kläger besteht, ist auf das neue Recht abzustellen. Im Rahmen der Beschlussersetzung ist rechtliche Beurteilungsgrundlage für die Prüfung, ob ein Anspruch auf Beschlussfassung besteht, das im Zeitpunkt der letzten mündlichen Tatsachenverhandlung geltende Recht.

Ein Anspruch eines einzelnen Wohnungseigentümers auf Abberufung des Verwalters besteht nur dann, wenn die Ablehnung der Abberufung aus objektiver Sicht nicht vertretbar erscheint. Die Änderung des Wohnungseigentumsgesetzes führt zu keiner Änderung der Anspruchsvoraussetzungen.

Ob ein Abberufungsanspruch gegeben ist, hat der Tatrichter auch nach neuem Recht in umfassender Würdigung aller Umstände des Einzelfalls und aller gegen den Verwalter erhobenen Vorwürfe zu prüfen. Mit welchem Gewicht länger zurückliegende Geschehnisse zu berücksichtigen sind, entzieht sich einer allgemeinen Betrachtung; allgemeingültige zeitliche Grenzen, jenseits derer Pflichtverletzungen des Verwalters unbeachtlich sind, gibt es nicht.

Ob ein Anspruch des einzelnen Wohnungseigentümers auf Abberufung des Verwalters ausgeschlossen sein kann, wenn er diese nicht zeitnah zu dem letzten Vorfall, auf den die Forderung nach Abberufung gestützt wird, verlangt, kann hier offenbleiben. Denn die Kläger haben ihre Forderung nach Abberufung der Verwalterin unter anderem auf die ihrer Auffassung nach unzureichende Umsetzung des Urteils im Vorprozess gestützt; nachdem dieses am 31. Juli 2019 ergangen ist, kann ein Abberufungsverlangen in der Eigentümerversammlung vom 28. November 2019 nicht verspätet sein.

Anders als die Beschlussersetzungsklage ist die Anfechtungsklage nach dem zur Zeit der Beschlussfassung geltenden Recht, mithin hier nach altem Recht zu beurteilen.

Fazit:

Für den Abberufungsanspruch eines Wohnungseigentümers kann auf die bisherige Rechtsprechung und Literatur zurückgegriffen werden. Bei der Frage, ob ein solcher Anspruch besteht, sind Pflichtverletzung des Verwalters nicht per se aufgrund einer längeren Dauer zwischen Pflichtverletzung und Anspruchsgeltendmachung unbedeutend.

Nicht verwechselt werden darf dies jedoch damit, dass der Verwalter durch Mehrheitsbeschluss jederzeit ohne Grund abberufen werden kann. Ein mit ihm geschlossener Verwaltervertrag endet in diesem Fall spätestens 6 Monate nach der Abberufung.

BGH, Urteil vom 19.01.2022 – VIII ZR 122/21

Zum Sachverhalt:

Ein Mieter hatte einen Inkassodienstleister damit beauftragt, die Rückerstattung zu viel gezahlter Miete zu erwirken sowie den Vermieter aufzufordern, künftig von dem Mieter nicht mehr die als überhöht gerügte Miete zu verlangen und diese auf den zulässigen Höchstbetrag herabzusetzen.

Der Inkassodienstleister macht die von dem Mieter abgetretenen Ansprüche gerichtlich geltend.

Die Vorinstanzen wiesen die Klage im Wesentlichen mit der Begründung ab, dass die Aufforderung des Inkassodienstleisters, künftig keine überhöhte Miete mehr zu verlangen, keine Forderungseintreibung, sondern eine Abwehr von Ansprüchen sei, was nach dem Rechtsdienstleistungsgesetz unzulässig ist. Damit sei die Abtretung insgesamt nichtig.

Zur Entscheidung:

Die Revision vor dem BGH hatte Erfolg.

Die Aufforderung, die im Wohnungsmietvertrag vereinbarte Miete auf das höchstzulässige Maß herabzusetzen, ist nicht als eine – einem registrierten Inkassodienstleister nicht gestattete – Maßnahme der Anspruchsabwehr anzusehen (Senatsurteil vom 27. November 2019 – VIII ZR 285/18, BGHZ 224, 89 Rn. 96, 219). Denn es handelt sich bei ihr nicht um eine Reaktion auf ein Verlangen des Vermieters, sondern um eine in engem Zusammenhang mit der von der Klägerin zulässigerweise erhobenen Rüge und dem von ihr geltend gemachten Anspruch auf Rückerstattung zu viel gezahlter Miete stehende Maßnahme, die letztlich dazu dient, für die Zukunft die Geltendmachung weitergehender Rückzahlungsansprüche der Mieter entbehrlich zu machen (Senatsurteil vom 27. November 2019 – VIII ZR 285/18, aaO Rn. 162; ebenso Senatsurteile vom 27. Mai 2020 – VIII ZR 31/19, WuM 2020, 645 Rn. 26 ff.; VIII ZR 121/19, juris Rn. 27 ff.; VIII ZR 128/19, juris Rn. 27 ff.; VIII ZR 129/19, ZIP 2020, 1619 Rn. 27 ff.).

LG Berlin, Urteil v. 22.10.2021 – 39 O 238/21

Zum Sachverhalt:

Die Klägerin hat an die Beklagte eine Gewerbeeinheit zum Betrieb eines Sanitätshauses vermietet. Der Mietvertrag enthält eine wirksame Betriebspflicht samt Vertragsstrafe.

Zum 15.06.2020 stellte die Beklagte Mieterin den Betreib ein und forderte die Klägerin mit anwaltlichem Schreiben auf, aufgrund der coronabedingten Umsatzeinbußen in Verhandlungen über eine Vertragsanpassung einzutreten. Sie wies darauf hin, dass eine einvernehmliche Aufhebung des Mietverhältnisses für sie vorstellbar sei. Nach Fristablauf kündigte die Beklagte das Mietverhältnis unter Hinweis auf § 313 Abs. 3 BGB. Die Kläger verlangen von der Beklagten Zahlung der rückständigen Miete sowie der Vertragsstrafe.

Zur Entscheidung:

Die Klage ist begründet. Der Klägerin steht ein Anspruch auf Mietzahlung und Zahlung der Vertragsstrafe zu. Im Einzelnen führt das LG aus:

Da Sanitätshäuser nie von einer Schließung aufgrund der Corona-Pandemie betroffen waren, können diese regelmäßig keine Vertragsanpassung oder gar Kündigung des Vertrags verlangen.

Wegen Umsatzeinbußen kommt eine Vertragsanpassung allenfalls in Betracht, wenn sie existenzbedrohende Konsequenzen für den Mieter haben.

Nur weil sich der Vermieter weigert, Verhandlungen über eine Vertragsanpassung aufzunehmen, steht dem Mieter kein Rücktritts- oder Kündigungsrecht zu. Im Zweifel muss der Mieter die Vertragsanpassung gerichtlich durchsetzen.

Die formularmäßige Vereinbarung einer Betriebs- und Offenhaltungspflicht inkl. einer Vertragsstrafe bei einem Verstoß hiergegen ist grundsätzlich nicht als eine i.S.d. § 307 Abs. 1 Satz 1 BGB unangemessene Benachteiligung des Mieters zu werten. Damit folgt das LG Berlin der überwiegenden Rechtsprechung in Bezug auf die Corona-Pandemie und Gewerberaummietverhältnisse. Weiterhin greift es auf die Urteile des BGH vom 12.01.2022 – XII ZR 8/21 vor. Eine Zusammenfassung finden Sie auf der Seite des VDIV unter folgendem Link: https://vdiv.de/rg-details/bgh-faellt-urteil-zur-mietzahlungspflicht-bei-coronabedingter-geschaeftsschliessung

LG Hamburg, Urteil vom 02.02.2022 – 318 S 31/21 (nicht rechtskräftig)

Ist der Verwalter einer WEG zugleich Eigentümer, so steht ihm grundsätzlich auch ein Stimmrecht zu. Eine Ausnahme ist hiervon jedoch zu machen, wenn ein wichtiger Grund für seine Abberufung aus dem Verwalteramt und für eine (außerordentliche) Kündigung des Verwaltervertrags vorliegt (BGH, Urteil v. 19.09.2002 – V ZB 30/02).

Das LG Hamburg hatte in der Berufung über folgenden (verkürzt dargestellten) Sachverhalt zu entscheiden: In einer ETV wurde zu TOP 4 (Abberufung des Verwalters/außerordentliche Kündigung des Verwaltervertrags) ein Negativbeschluss gefasst. Bei der ETV wurde die Mehrheitseigentümerin von der Verwaltung vertreten. Die Verwaltung war nicht selbst Eigentümerin. Die Mehrheitseigentümerin und die Verwaltung sind als selbstständige Gesellschaften jedoch über einen Mutterkonzern miteinander verbunden.

Das AG Hamburg-Blankenese gab der gegen die Beschlüsse gerichteten Klage mit der Begründung statt, dass die Verwaltung einem Stimmverbot unterlegen hätte, da sie bei der Vertretung nicht weisungsgebunden gewesen sei und auch einem Stimmverbot unterlägen hätte, wenn sie selbst Eigentümerin gewesen wäre.

Die Entscheidung wurde vom LG Hamburg aufgehoben.

Der Beschluss ist rechtmäßig zustande gekommen.

Das LG hat hierzu im Wesentlichen folgende Aspekte herangezogen:

Kein Stimmverbot der Mehrheitseigentümerin

Das Stimmverbot gem. § 25 Abs. 5 WEG a.F. (inhaltsgleich § 25 Abs. 4 WEG n.F.) schränkt ein Kernrecht des Wohnungseigentums – die Mitbestimmung – ein und gilt daher nur ausnahmsweise und unter eng begrenzten Voraussetzungen. Es ist danach zu differenzieren, „ob der Schwerpunkt der Angelegenheit in der Verfolgung privater Sonderinteressen oder in der Wahrnehmung mitgliedschaftlicher Interessen liegt“.

Allein die wirtschaftliche Verbundenheit zwischen der Mehrheitseigentümerin und der Verwaltung über eine Muttergesellschaft ist kein ausreichender Anhaltspunkt, dass der Schwerpunkt in der Verfolgung privater Sonderinteressen liegt.

Eine Majorisierung ist nur dann missbräuchlich, wenn weitere Umstände hinzutreten, die sich als Verstoß gegen die Pflicht zur Rücksichtnahme auf die Interessen der Gemeinschaft und damit die Grundsätze ordnungsgemäßer Verwaltung darstellen.

Kein Stimmverbot der Verwaltung als Vertreterin

Die Verwaltung war – anders als vom AG festgestellt – bei der Abstimmung weisungsgebunden. Daher unterlag sie keinem Stimmverbot.

„Grundsätzlich kann ein Nichtwohnungseigentümer einen Wohnungseigentümer dann nicht bei der Stimmabgabe wirksam vertreten, wenn er – wäre er selbst Wohnungseigentümer – einem Stimmverbot unterläge. Denn der Interessenkonflikt in der Person des Vertreters hat in dieser Konstellation den gleichen schädlichen Einfluss auf die Willensbildung wie bei einer Vertretung durch einen anderen Wohnungseigentümer, in dessen Person ein Stimmverbot vorliegt.“

Auf der Vollmacht war jedoch eine Stimmrechtsweisung enthalten, wodurch ein Interessenkonflikt nicht bestand.

Zusammenfassung:

In Anlehnung und unter Verweis auf das Urteil des BGH vom 19.09.2002 – V ZB 30/02 legt das LG Hamburg die sprichwörtliche Latte für einen Stimmrechtsausschluss zu Recht hoch. Bei dem Stimmrecht handelt es sich um eines der bedeutsamsten Mitgliedschaftsrechte des Wohnungseigentümers. Eine Einschränkung dessen ist daher nur unter hohen Voraussetzungen möglich. Gleiches gilt insbesondere auch für einen kompletten Ausschluss eines einzelnen Eigentümers von einer ETV. Auch dies sollte immer nur eine ultima ratio Lösung sein.

Hinweis: Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Sollte eine Entscheidung des BGH in der Sache erfolgen, werden wir hierüber berichten.

BGH, Urteil v. 24.11.2021 – VIII ZR 258/19, Volltext: BeckRS 2021, 41081

Die sog. Bolzplatzentscheidung (BGH NJW 2015, 2177) sowie die Baulückenentscheidung (BGH NJW 2020, 2884) des BGH dürften hinlänglich bekannt sein. In beiden drehte es sich um die Mietminderung wegen sog. Umwelt- oder Umfeldmängel, also solcher Mängel, die nicht in der Mietsache selbst liegen, sondern in ihrer Umgebung. Hierbei handelt es sich meistens, wie auch in dem zugrunde liegenden Sachverhalt, um Lärm oder Schmutz. Die Kläger waren seit 2011 Mieter einer Wohnung in Berlin. Ab November 2017 errichtete die Streithelferin der Beklagten Vermieterin auf dem Grundstück auf der gegenüberliegenden Straßenseite mehrere Gebäude mit jeweils sechs bis acht Vollgeschossen samt Unterkellerung und Tiefgarage. Die Kläger machen wegen des Baulärms und der Staubentwicklung durch die Baumaßnahmen eine Mietminderung von – festhalten – 30 % geltend und klagen auf Rückzahlung.

Der BGH ist getreu dem Motto „Aller guten Dinge sind drei“ seinen bisherigen Entscheidungen gefolgt: Nach Abschluss des Mietvertrags eintretende erhöhte Lärm- und Schmutzimmissionen begründen, auch wenn sie von einer auf einem Nachbargrundstück eines Dritten betriebenen Baustelle herrühren, bei Fehlen anderslautender Beschaffenheitsvereinbarungen grundsätzlich keinen gemäß § 536 Abs. 1 Satz 1 BGB zur Mietminderung berechtigenden Mangel der Mietwohnung, wenn auch der Vermieter die Immissionen ohne eigene Abwehr- oder Entschädigungsmöglichkeit nach § 906 BGB hinnehmen muss. Eine anderslautende Beschaffenheitsvereinbarung der Mietvertragsparteien kann nicht mit der Begründung bejaht werden, die Freiheit der Wohnung von Baulärm werde regelmäßig stillschweigend zum Gegenstand einer entsprechenden Abrede der Mietvertragsparteien.

Fazit: Eine Mietminderung kommt bei „normalem“ Umweltlärm in aller Regel somit nicht in Betracht.

BGH, Urteil v. 12.11.2021 – V ZR 204/20

Zu entscheiden hatte der BGH einen Fall des LG Stuttgart (veröffentlicht in ZWE 2021, 93). Eine Mehrhausanlage war in der Gemeinschaftsordnung in „Sondernutzungsgemeinschaften“ aufgeteilt – jeweils eine Sondernutzungsgemeinschaft für ein Gebäude und eine Sondernutzungsgemeinschaft für die Tiefgarage. Nach der Gemeinschaftsordnung verwalten sich die Sondernutzungsgemeinschaften selbstständig und veranstalten eigene „Sondernutzungsgemeinschaftsversammlungen“. Auch Instandhaltungsrückstellung werden jeweils für die Sondernutzungsgemeinschaften gebildet.

In einer EV in 2019 wurde zu TOP 3die Sanierung der Tiefgarage für 5 Mio. € beschlossen. Zum TOP 4 wurde beschlossen, dass die Finanzierung per Sonderumlage von den Stellplatzeigentümern erfolgen soll. An letzter Abstimmung nahmen nur die Stellplatzeigentümer teil.

Da Tiefgarage unter allen Gebäuden verlief, umfasste die Sanierung zwangsläufig auch Bestandteile, die für den Erhalt aller Gebäude notwendig waren.

Gestützt auf die Ansicht, dass die Kostentragung daher allen Eigentümern – und nicht nur den Stellplatzeigentümern – obliegt, wurde der Beschluss zu TOP 4 von einem Stellplatzeigentümer angefochten.

Ohne Erfolg! Zunächst stellen das Berufungsgericht und der BGH fest, dass es sich trotz der Verwendung des Wortes „Sondernutzungsgemeinschaften“ um „normale“ Untergemeinschaften handelt. Das LG Stuttgart hielt den Beschluss jedoch für nichtig. Nicht so der BGH. Nach diesem können in der Gemeinschaftsordnung einer Mehrhausanlage n für die Tiefgarage und die Wohngebäude auch dann weitgehend verselbständigte Untergemeinschaften gebildet werden, wenn die Tiefgarage zugleich als Fundament der Wohngebäude dient. Sieht die Gemeinschaftsordnung einer solchen Anlage vor, dass die Untergemeinschaften sich selbständig verwalten, dass an den Untergemeinschaften die jeweiligen Eigentümer entsprechend ihren Miteigentumsanteilen berechtigt und verpflichtet sind, und dass für die Untergemeinschaften jeweils eigene Rücklagen gebildet werden sollen, so entspricht es der nächstliegenden Bedeutung dieser Regelungen, dass allein die Teileigentümer der Tiefgarage die Kosten für Sanierungsmaßnahmen im Bereich der Tiefgarage zu tragen haben, und zwar auch im Hinblick auf tragende Bauteile, die zugleich das Fundament der Wohngebäude bilden.

Diese Entscheidung zeigt einmal mehr, dass die Auslegung von Teilungserklärungen ein – nicht nur für den Verwalter – schwieriges Feld ist. In vielen Fällen – insbesondere im Vorfeld des Beschlusses kostenintensiver Maßnahmen – sollte daher rechtlicher Rat eingeholt werden. Allerdings wird auch hierdurch zumeist keine 100%ige Sicherheit erlangt werden können. Der Verwalter entledigt sich hierdurch jedoch dem Risiko eines Schadensersatzprozesses, da ihm auch im Falle einer erfolgreichen Beschlussanfechtung nicht vorgeworfen werden können wird, diesen fehlerhaften Beschluss verschuldet zu haben.

LG Itzehoe, Beschluss vom 18.03.2021 – 11 T 17/20

Der Kläger war Eigentümer einer Teileigentumseinheit, für die die Teilungserklärung unter § 2 einen Betrieb als Supermarkt vorsieht. Weiter ist in § 5 Abs. 2 der Teilungserklärung geregelt: „In der Einheit Nummer X. (Supermarkt) ist der Betrieb eines Ladengeschäftes einschließlich der Belieferung gestattet. Im Übrigen ist die Ausübung eines Gewerbes oder Berufes in der Wohnung nur mit Zustimmung der Eigentümergemeinschaft … zulässig. ….“ Der Kläger beantragte auf einer Eigentümerversammlung die Genehmigung zur Nutzung seiner Einheit zum Betrieb eines Fitnessstudios, da ihm die Vermietung als Supermarkt oder Ladengeschäft trotz vielfacher Bemühungen nicht möglich gewesen sei. Der Antrag wurde abgelehnt. Der Kläger begehrte daher gerichtlich, die Gemeinschaft zur Zustimmung zu verpflichten. Nachträglich erweiterte er seinen Antrag dahingehend, dass die Erlaubnis neben dem Betrieb eines Fitnessstudios auch den Betrieb eines Indoor-Abenteuerspielplatzes oder sonstigen Dienstleistungsgewerbes mit Publikumsverkehr und Sonntagsöffnung umfassen soll. Nach dem Verkauf der Einheit und übereinstimmender Erledigungserklärung streiten die Parteien über die Kostentragung, die sich nach den Erfolgsaussichten der Klage unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstands richtet, § 91a ZPO.

Der Kläger hat nach der Entscheidung des LG Itzehoe die Kosten des Verfahrens in voller Höhe zu tragen, da er die Klage nach dem bisherigen Sach- und Streitstand verloren hätte.

Bzgl. der Klageerweiterung fehlt es bereits an einer erforderlichen Vorbefassung der Gemeinschaft.

Bzgl. der Ausgangsklage stellt die Regelung der Teilungserklärung eine Zweckbestimmung mit Vereinbarungscharakter im Sinne von § 15 Abs. 1 WEG a.F. (§ 10 Abs. 1 WEG n.F.) dar. Der Betrieb eines Fitnessstudios fällt nicht unter den Betrieb eines Ladengeschäfts, womit die Nutzung außerhalt der Zweckbestimmung liegt. „Allein der Umstand, dass ein (beabsichtigter) Gebrauch einer Eigentumseinheit der Zweckbestimmung widerspricht, bedeutet aber nicht zwangsläufig, dass ein solcher Gebrauch als unzulässig anzusehen ist und deshalb von den anderen Eigentümern eine Unterlassung verlangt werden kann bzw. eine begehrte Genehmigung zu einem solchen abweichenden Gebrauch versagt werden darf. Vielmehr kommt es darauf an, ob der zweckbestimmungswidrige Gebrauch zu einer stärkeren Störung der anderen Eigentümer führt als der Gebrauch gemäß der vorgesehenen Zweckbestimmung.“ Die sei aus Sicht des LG Itzehoes bereits aufgrund der anderen Öffnungszeiten von Fitnessstudios und Ladengeschäften der Fall. Typischerweise würden Ladengeschäfte und auch Supermärkte zwischen 20 und 22 Uhr schließen und an Sonn- und Feiertagen geschlossen haben, wohingegen Fitnessstudios regelmäßig bis 24 Uhr und insbesondere auch an Sonn- und Feiertagen geöffnet hätten.

Nicht befunden hat das LG darüber, ob dem Eigentümer ein Anspruch auf Anpassung der Vereinbarung gem. § 10 Abs. 2 S. 3 WEG a.F. (§ 10 Abs. 2 WEG n.F.) zustand, da ein solcher Anspruch nicht geltend gemacht wurde.

Festzuhalten bleibt, dass bei der Zulässigkeit von Nutzungen immer auf die (stärkere) Störung anderer Eigentümer abzustellen ist, wobei es auf eine typisierende generelle Betrachtungsweise ankommt.