BGH, Urteil v. 12.11.2021 – V ZR 204/20
Zu entscheiden hatte der BGH einen Fall des LG Stuttgart (veröffentlicht in ZWE 2021, 93). Eine Mehrhausanlage war in der Gemeinschaftsordnung in „Sondernutzungsgemeinschaften“ aufgeteilt – jeweils eine Sondernutzungsgemeinschaft für ein Gebäude und eine Sondernutzungsgemeinschaft für die Tiefgarage. Nach der Gemeinschaftsordnung verwalten sich die Sondernutzungsgemeinschaften selbstständig und veranstalten eigene „Sondernutzungsgemeinschaftsversammlungen“. Auch Instandhaltungsrückstellung werden jeweils für die Sondernutzungsgemeinschaften gebildet.
In einer EV in 2019 wurde zu TOP 3die Sanierung der Tiefgarage für 5 Mio. € beschlossen. Zum TOP 4 wurde beschlossen, dass die Finanzierung per Sonderumlage von den Stellplatzeigentümern erfolgen soll. An letzter Abstimmung nahmen nur die Stellplatzeigentümer teil.
Da Tiefgarage unter allen Gebäuden verlief, umfasste die Sanierung zwangsläufig auch Bestandteile, die für den Erhalt aller Gebäude notwendig waren.
Gestützt auf die Ansicht, dass die Kostentragung daher allen Eigentümern – und nicht nur den Stellplatzeigentümern – obliegt, wurde der Beschluss zu TOP 4 von einem Stellplatzeigentümer angefochten.
Ohne Erfolg! Zunächst stellen das Berufungsgericht und der BGH fest, dass es sich trotz der Verwendung des Wortes „Sondernutzungsgemeinschaften“ um „normale“ Untergemeinschaften handelt. Das LG Stuttgart hielt den Beschluss jedoch für nichtig. Nicht so der BGH. Nach diesem können in der Gemeinschaftsordnung einer Mehrhausanlage n für die Tiefgarage und die Wohngebäude auch dann weitgehend verselbständigte Untergemeinschaften gebildet werden, wenn die Tiefgarage zugleich als Fundament der Wohngebäude dient. Sieht die Gemeinschaftsordnung einer solchen Anlage vor, dass die Untergemeinschaften sich selbständig verwalten, dass an den Untergemeinschaften die jeweiligen Eigentümer entsprechend ihren Miteigentumsanteilen berechtigt und verpflichtet sind, und dass für die Untergemeinschaften jeweils eigene Rücklagen gebildet werden sollen, so entspricht es der nächstliegenden Bedeutung dieser Regelungen, dass allein die Teileigentümer der Tiefgarage die Kosten für Sanierungsmaßnahmen im Bereich der Tiefgarage zu tragen haben, und zwar auch im Hinblick auf tragende Bauteile, die zugleich das Fundament der Wohngebäude bilden.
Diese Entscheidung zeigt einmal mehr, dass die Auslegung von Teilungserklärungen ein – nicht nur für den Verwalter – schwieriges Feld ist. In vielen Fällen – insbesondere im Vorfeld des Beschlusses kostenintensiver Maßnahmen – sollte daher rechtlicher Rat eingeholt werden. Allerdings wird auch hierdurch zumeist keine 100%ige Sicherheit erlangt werden können. Der Verwalter entledigt sich hierdurch jedoch dem Risiko eines Schadensersatzprozesses, da ihm auch im Falle einer erfolgreichen Beschlussanfechtung nicht vorgeworfen werden können wird, diesen fehlerhaften Beschluss verschuldet zu haben.